Halloween-Event: Konohas gelb-grünes Kreuz

Für jemanden, der sonst mit wirklich leichtem Gepäck reiste, erschien ein voller Rucksack plötzlich wie eine riesige Belastung, aber Etsuka biss die Zähne zusammen und beschwerte sich nicht weiter. Sie hatte heute schon zwei Argumentationen gegen Hyori verloren und wollte ganz sicher nicht die Drei vollmachen. Außerdem hatte das Argument, sie wäre die körperlich Stärkere von den beiden, letztlich mehr als genug gezogen und so trug sie jetzt eben all die Utensilien, die sie für diesen spannenden Nachmittag benötigten.
Auf den Wunsch der Uzumaki hin, erklommen sie soeben die Treppen des Krankenhauses von Konohagakure – ein Ort, den Etsuka normalerweise lieber mied. Aber es war für eine gute Sache und sie konnte nicht behaupten, nicht ein gutes Gefühl bei dem Gedanken zu haben, heute ein paar Kindern ein Lächeln auf die Lippen zu zaubern. Schon den ganzen Weg über hatte sie sich anstrengen müssen, nicht über ihre eigenen Füße zu stolpern, wann immer sie zur Seite geschaut hatte um das Outfit der Jüngeren zu bewundern. Sich für ihre kleine Geschichtenstunde zu verkleiden war die beste Idee aller Zeiten gewesen und kam auch bei den Kindern ganz wunderbar an.
Als sie nämlich die Tür zum Gemeinschaftsraum aufhielt, um Hyori zuerst eintreten zu lassen, kam bereits der erste kleine Junge auf sie zugelaufen, um mit großen Augen an ihnen hochzugucken. Seine linke Hand war bandagiert und an seiner Stirn klebte ein fettes Pflaster. »Wow!«, machte er. »Ihr seht ja sooooo cool aus!!!« Begeistert griff er nach dem Stoff von Etsukas Anzug und die Kunoichi gluckste amüsiert. Ihre Verwandlung mit dem Henge no Jutsu war ihr wirklich gut gelungen und sie erinnerte an eine neuzeitliche Vampirfürstin mit blutroten Augen, blasser Haut und tiefschwarzen Haaren. »Vorsicht, Champ. Sonst beiße ich dich!«, drohte sie scherzhaft und tat so, als würde sie mit ihren unechten, viel zu spitzen Eckzähnen nach ihm schnappen wollen. Das brachte ihr von ihm ein freches Lachen, von den beiden Kindern, die noch am Tisch saßen und sie lediglich vorsichtig musterten, jedoch ein schüchternes Blickabwenden ein.
Das Reden und die Erklärung vorerst Hyori überlassend, nahm sie den Rucksack von ihrem Rücken, stellte ihn auf einem freien Stuhl ab und sah sich in dem großen Raum um. Es war wirklich gemütlich, es gab eine kuschelige Ecke voller Kissen mit einem Bücherregal ganz in der Nähe, ein paar kleine und größere Tische, ein Regal voller Spiele und ein großes Fenster, zu dem die Namikaze als erstes schritt, um die Vorhänge zuzuziehen. Dann begann sie, alles für das Spiel vorzubereiten.
BUNKERS & BIJÛ war ein Rollenspiel, an das ihre Geschwister sie in ihrer Jugend herangeführt hatten und welches sie seitdem unheimlich in ihr Herz geschlossen hatte. Vielleicht würde sie es irgendwann auch mal mit ihren Genin spielen!
»Wie viele seid ihr denn?«, erkundigte sie sich und der Junge von zuvor erwiderte voller Motivation: »Vier! Ich bin Hiroto, das ist Riku«, er deutete auf einen Jungen, den sie bis jetzt gar nicht wirklich wahrgenommen hatte, weil er halb unter den Kissen versunken war und zu lesen schien. Jetzt, da sein Name gefallen war, sah er auf, schob die runde Brille auf seiner Nase etwas höher und setzte sich gerade hin. »Und das sind Ayame«, Hirotos Finger zeigte auf eines der beiden Mädchen, die mittlerweile auch aufgestanden waren, um zu schauen, was Etsuka da vorbereitete, »und Tsubame.« Das vierte Kind mit den kurzen, blauschwarzen Haaren und den dunklen Augen trug einen Fächer auf seinem T-Shirt und sah die beiden Erwachsenen mit sehr viel Zurückhaltung und Skepsis an. »Ah. Eine Uchiha«, dachte Etsuka nur, schenkte Tsubame aber dasselbe freundliche Lächeln, wie den anderen Dreien.
»Sehr gut! Wir haben sechs Charakterbögen. Sucht euch also gern jeder einen davon aus. Du auch, Riku?« Der Junge mit der Brille hatte sich erhoben und war vorsichtig nähergekommen und nickte zaghaft, sagte aber nichts, sondern betrachtete die sechs Blätter, die Etsuka auf dem größten Tisch im Raum ausgebreitet hatte. »Ich will auch ein Vampir sein!«, rief Hiroto gerade. Die Namikaze grinste schief und hob ihren Blick, um Hyori zuzuzwinkern. »Hab ja gesagt, Vampire sind viel cooler.«

@Uzumaki Hyori

Kaum hatten die Kinder sich die Hüte aufgesetzt oder die Zähnchen in den Mund geschoben, konnte die fantastische Geschichte bereits beginnen. Etsuka hatte neben sich Hiroto sitzen, der aufgeregt hin und her wippte und offensichtlich gespannt auf das war, was passieren würde. Auch Ayame hatte sich etwas aus ihrer Schüchternheit gelöst und  saß zur Rechten der Vampirfürstin, die Beine noch nicht lang genug, um den Boden zu erreichen. Dann wurde es ein wenig dunkler in dem Raum, in dem sie saßen und die Erzählung begann.

Etsukas rote Augen musterten eindringlich die Barrikaden, die das Dorf vor der Außenwelt schützen sollten. Sie rümpfte die Nase, als auch sie den strengen Geruch des Knoblauchs vernahm. »Eine Handvoll billigen Knoblauchs wird meinen Vater sicher nicht aufhalten«, erwiderte sie mit düsterer Stimme. Die kleine Gestalt zu ihrer Rechten kratzte sich am Hinterkopf. »Fürst ...« »Kuragari!« »Fürst Kuragaris letzte Befehle lauteten wohl, das Land der Werwölfe einzunehmen.« Kurz war ein fast jungenhaftes Gesicht unter der dunklen Kapuze zu sehen, als der kleine Vampir in den Himmel sah und den vollen Mond betrachtete. Fast im selben Moment war ein lautes Heulen zu hören. Etsuka seufzte.
»Scheint so, als hätte er bisher nicht allzu viel Erfolg dabei gehabt.« Ihre Hand fuhr an den Säbel, den sie stets bei sich führte. Sie mochte eine Vampirin sein und als Tochter eines Urvampirs über große Kräfte verfügen, doch eine Klinge aus Silber zur Hand zu haben, schadete nicht. Das hatte sie ihr erstes Aufeinandertreffen mit den Jägern der Morgendämmerung gelehrt. Ihr Blick wanderte zu Hyori. »Lust, ein paar Werwölfe zu fragen, ob sie ihn gesehen haben?« Ein schelmisches Ausdruck trat in ihr blasses Gesicht, als sie zu grinsen begann. Sie waren den Spuren ihres Vaters - oder besser dessen Vertrauter - bis nach Shimaki gefolgt, doch abgesehen von dem Knoblauch und der deutlichen Angst der Bewohner, fehlte von den obersten Vampiren jede Spur. Die vier Reiter ihres Vaters waren ihre erste Hürde. Erst, wenn sie besiegt waren, würden sie dem Nachtfürsten höchstpersönlich gegenüberstehen können. Wie gut, dass sie so tatkräftige Unterstützung hatten und nicht nur zu Zweit gegen diese Bestien antreten mussten.
»Wir sollten erst die Leute im Dorf fragen, was sie dazu getrieben hat, sich zu verstecken. Ob es wirklich Euer Vater und seine Anhänger waren, Etsuka-sama.« Bei dieser respektvollen Ansprache, zuckte die älteste Vampirin kaum merklich zusammen. »Ich glaube, unsere Präsenz ist hier nicht gewünscht.« Sie starrte Hyori und deren Begleiter eindringlich an. »Befragt ihr doch die Leute hier, wir gucken uns ein wenig in der Umgebung um. Unsere Augen sind bei Nacht besser als eure. Vielleicht finden wir in den Wäldern Spuren.« Vorrangig wollte sie nach Spuren von Werwölfen Ausschau halten. Mit diesen flohbesetzten Fußabtretern hatten sie und ihre kleinen Vertrauten noch eine Rechnung offen.

Die kommentierte Nase wurde erneut gerümpft und Etsuka hätte gern unterm Tisch nach Hyoris Schienbein getreten. Da diese jedoch zu weit weg saß, hätte sie lediglich eines der Kids getroffen und so hielt sie sich zurück. »Ich sagte doch, Etsuka reicht«, knurrte sie ihre Schützlinge an und die beiden Junior Vampire zogen automatisch die Köpfe ein wenig ein. »Jawohl, Etsuka-sa~« Ein scharfer Blick der Vampirin brachte Hiroto zum Schweigen, auch wenn er sich ein freches Grinsen nicht verkneifen konnte. Sie fasste sich mit dem Finger an die Schläfe. Da hatte sie sich ja wirklich einen tollen Haufen Lehrlinge angelacht. Aber sie waren loyal und hatten einen freien Geist. Genau das, was sie im Kampf gegen ihren Vater brauchte. Blöd nur, dass die Babyjäger sich nun auch einen kleinen Spaß daraus machten. Sie seufzte resigniert.
»Los, in den Wald mit euch«, grummelte sie und schob die beiden Jungvampire vor sich her, weg vom Dorf. Weitere Würfel rollten, als sie ihre Nase in den Wind hielt und zu schnuppern begann. Jetzt, da ihr Geruchssinn nicht mehr durch diesen furchtbaren Knoblauchgestank vernebelt war, nahm sie ein paar Fährten wahr. »Hier sind Spuren!«, rief Ayame aus und deutete auf eine Handvoll Pfotenabdrücke, die in dem leicht feuchten Boden deutlich zu erkennen waren. »Mh.« »Nach Werwolf sieht das aber nicht aus. Und die sind schon alt. Bestimmt von gestern«, erkannte der Dritte im Bunde nach einem erfolgreichen Naturkunde-Wurf und kniete sich hin, um mit einem Finger in dem Dreck zu bohren. »Ew Hiroto! Du Drecks- uhm ... das gehört sich nicht!« »Wollte nur prüfen, ob es anders schmeckt.« Der Geschmack der Erde mochte gleich sein, der Geruch war es jedoch nicht. Etsuka rümpfte ihre Nase erneut, dann weiteten sich ihre Augen. Schwefel. Das konnte nur eines bedeuten.
»Schade. Ich hätte mich gern mit einem Werwolf geprügelt«, murmelte die Vampirfürstin und zog ihren Säbel. Riku hatte ganz Recht gehabt. Seit Lady Shiro Mitglied der vier Reiter geworden war, kämpften die Höllenhunde auf der Seite des Nachtfürsten. Und Höllenhunde versprühten den unverkennbaren Gestank von Schwefel, als wäre es ein Lenor Lufterfrischer. »Aber Höllenhunde tun's auch.« »Sollten wir nicht die anderen holen ...?«, schlug das Mädchen vorsichtig vor. Es drehte sich halb panisch im Kreis um zu sehen, was seine Meisterin denn jetzt dazu veranlasst hatte, die Waffe zu ziehen. »Und den ganzen Spaß teilen?« Etsuka grinste schief. »Damit werden wir allein fertig«, höhnte sie. Mit großen Schritten verließ sie den Wald.
Und dann heulten die Hunde. Es klang erschreckend stark nach Wolf, doch der leicht schaurige Unterton verriet, dass es keine Wölfe waren, die da am Horizont auftauchten. Ihre von Feuer durchzogenen Pelze hoben sich schwarz von dem vollen Mond in ihrem Rücken ab, als mit lautem Geheule und Gejaule auf das Dorf zu preschten, das wohl aus genau diesem Grund so gut gesichert war. Doch wie lange diese Barrikaden der Wut dieser Bestien würden standhalten können, war fraglich. Erneut rollten Würfel und Hiroto kam ins Straucheln, weshalb er ein Stück nach den beiden weiblichen Mitgliedern seines Teams im Kampfgeschehen landete. So sah er aber den kleinen Eimer mit Wasser an einem Zaun stehen und griff ihn sich, um damit nach einem der Hunde zu werfen, der sich sofort unter lautem Fiepen zurückzog. »Wir brauchen hier draußen Wasser!«, rief der Junge geistesgegenwärtig in Richtung des Dorfes, ehe er sich, wie seine beiden Mitvampire auch, mit Händen und Zähnen zuerst ins Getümmel stürzte.