One And A Half Yamanaka

Himoki hockte im Schneidersitz vor der Feuerstelle, welche in den Boden des Wohnzimmers eingelassen war, auf den Knien eine flache Steinplatte. Darauf wiederum lag eine Geode, eine grob kugelförmige Gesteinsknolle. Es war nur eine von einem ganzen Korb voll, der in Griffweite neben ihr stand. Sorgsam untersuchte sie eine nach der anderen, prüfte etwa, ob sie rasselten oder stumm blieben, und wenn das Steinchen interessant genug vorkam, knackte sie sie. Nicht mit Säge oder Hämmerchen, sondern mit dem Zeigefinger, sanft auf dem Stein-Ei liegend. Sie drückte nichtmals. Erhöhte nur methodisch und gemächlich das Gewicht ihrer Fingerspitze.
Knk. Das feinste Geräusch, als die Schale einen Sprung bekam. Zufrieden nahm Himoki die Geode in beide Hände und öffnete sie, wie andere Leute einen Apfel halbierten.
Manche Geoden waren in ihrem Inneren einfach taub und wertlos. Manche waren auch mit Harz gefüllt. Im besten Falle steckten in diesen Überraschungseiern jedoch Kristalle und Edleres. Geoden bildeten sich im Vulkanismus, und im Inneren ihrer Schalen reagierten über Jahrhunderte hinweg verschiedenste, eingeschlossene Substanzen miteinander. Edelsteine wurden darin geboren. Erosion holte diese Knollen an die Oberfläche, und findige Sammler fanden sie.
Die Sammler dieser Geode waren besonders findig gewesen. Natürlich, es hatte sich schließlich um ANBU gehandelt. Himoki hatte ein Späh-Team, welches eine Chakra-Anomalie unweit von Konoha untersuchte, angewiesen, auch solche Geoden mitzubringen, sofern sie darüber stolperten.
In der Geode steckte mitten in der Höhlung ein rötlicher Dorn aus Kristall, kaum dicker als ein Haar. Himoki kniff die Augen zusammen, als sie die Geode höher hob. Schimmerte das Licht des Feuers darin, oder pulsierte er wirklich?
Inoha?
Ihre Tochter schaute von ihrem Platz auf dem Sofa auf.
Leih mir deinen Spürsinn, ja?
Sie bedachte die Geode mit kritischem Blick. Legte den Kopf schief. Fühlt sich ... komisch an?
Müsste also Chakra sein?
Inoha verzog das Gesicht. Sie war 25 Jahre alt und sah ihrer Mutter so ähnlich, dass ihre Mitmenschen überzeugt davon waren, Himokis Vater musste eine uneheliche Tochter gehabt haben. Umso wunderlicher fanden es die Nachbarn, dass Himoki und Inoha als Mitbewohnerinnen im gleichen Haus lebten. Die Wahrheit kannten nur die Wenigsten. Damit es so blieb, durften die Leute sich gern das Maul darüber zerreißen. So war es besser, als wenn sie aus Neugierde tiefer buddelten.
Es ist jedenfalls nicht nicht Chakra, aber total komisch, irgendwie.
Himoki erwiderte einen Moment lang nichts. Ließ stattdessen zu, dass ihr Chakra nach der Naturenergie griff, welche sie durchströmte, und kanalisierte diese in ihren Kreislauf. Nur ganz wenig, nur ganz fein. Ihre Pupillen verzogen sich, waberten und wuchsen. Die bernsteinfarbene Iris wuchs genauso, verdrängte alles Weiß. Himoki griff auf den Sennin-Spürsinn zu. Spannend.
Gleich wachsen dir wieder Federn. Als Himoki den Adlerblick über die Geode hinweg auf sie richtete, machte sie eine Show daraus, zu erzittern. Dieser Todesblick, wie ein Laser.
Den beherrscht jede Mutter.
Jaja ... Inoha hielt inne. Sie wandte den Kopf Richtung Haustür. Ich spüre Besuch im Anflug.
Himoki brauchte ihren eigenen Spürsinn nicht auszudehnen, um zu ahnen, wer gemeint war. Für Nachhilfe. Stimmt ja. Sie blinzelte, schüttelte den Sennin-Modus ab und schob die Steinplatte mit der Geode von ihrem Schoß. Über dem Steineknacken vergesse ich immer etwas die Zeit.
Bist du dann jetzt außer Haus?, fragte Inoha, nun lebhafter als zuvor.
Solang der Junge da ist, mache ich einen mentalen Spaziergang, ja.
Stellst du einen Timer?
... Hatte ich vor, wieso?
Inoha grinste. Ich kann dich auch wieder reinlassen. Nach einem kleinen Mädelsabend?
Kannst du auch mit deiner Mama haben, versetzte Himoki.
Ist aber nicht das Gleiche. Ihr Grinsen wurde breiter. Komm. Darf Himo-chan ein wenig bleiben? Bis Mitternacht?
Wir haben morgen alle zu arbeiten, hielt Himoki dagegen, winkte jedoch ab, als Inoha zu weiteren Argumenten anhob. Fein, fein. Aber nur bis Mitternacht! Und nicht wie beim letzten Mal, als du vergessen hast, mich wieder herzuholen.
Inoha nickte eifrig.
Himoki kam aus dem Schneidersitz hoch, nestelte in ihrer Tasche und holte ein Haarband hervor. Nachlässig fasste sie ihr Haar zu einem Pferdeschwanz zusammen. Dann hab Spaß! Sie ging die geistigen Schritte für den Wechsel durch. Yuzuru kannte ohnehin nur die junge Himoki, auch wenn sie sich nicht immer die Mühe gemacht hatte, einen Tsukimono vorzuschicken. Doch wenn sie miteinander trainierten, dann wollte sie auf Nummer sicher gehen. Er besaß schließlich Sharingan, und nichtmals schlecht, im Gegenteil. Er war unberechenbar gut aufgrund der Mischung mit den Yamanaka-Techniken, die man ihm eigentlich gar nicht hatte lehren wollen. Doch er hatte sie gelernt, und er war furchterregend gut damit. Die Synergien, die er schuf ... Himoki wollte nicht, dass ihr irgendwas herausrutschte. Also übernahm ganz entspannt ...
Entspannt? Warum sollte ich nicht entspannt sein. Himoki blinzelte. Wo waren wir?
Beim Mädelsabend!, kam es sofort von Inoha. Ich bestell Junk Food und schaue, dass noch Eis in der Truhe ist, jo?!
Jo!

Kurz darauf öffnete Himoki die Tür, um den Besuch einzulassen. Heyyy, begrüßte sie den jungen ANBU, Komm rein, kannste rausgucken!

Viel zuviel der Ehre. Viel zu steif. Zieh die Schuhe aus, wir gehen heute nicht raus, erwiderte Himoki gut gelaunt. Als Faustformel für heute: Leg so lang ab, bis es dir gemütlich ist. Und häng, wenn du schon dabei bist, auch das -sama an den Kleiderhaken. Ich bin nur deine senpai, nicht dein Chef.
Sie verneigte sich ebenfalls, als er es tat. Dann führte sie ihn nach drinnen. Keine Umstände, erwiderte sie, weiterhin im Plauderton, keine Sorge. Dass andere sich etwas Mieses aus dir machen, ist deren Sache, nicht unsere, ja? Sie gab ihm einen Knuff, ehe sie verschwörerisch die Stimme senkte. Wir haben sowieso die gefährlichsten Jobs im Dorf, also sollten wir uns aufs Beste darauf vorbereiten.
Für Himoki stand es ganz außer Frage, einem ANBU-Lehrling Nachhhilfe zu geben. Besonders in einem solchen Fach. Was die hohen Herren dieses Clanviertels darüber dachten, war ihr einerlei. Andere Entscheider hatten bereits dafür gesorgt, dass der Junge hier in einer solchen Situation war. Sie führte die Sache nur in eine gewinnbringende Richtung.
Himoki brachte den Gast ins Wohnzimmer, wo noch immer der Korb mit den Geoden an der Feuerstelle stand. Mit dem Fuß gab sie der Klappe einen beiläufigen Stoß und verschloss die wertvolle Fracht dadurch.
Setz dich erstmal. Aufs Sofa, auf den Boden? Ich jedenfalls gehe auf den Boden. Kaum gesagt, ließ sie sich im Schneidersitz nieder. Wenn du  Geräusche hörst, wundere dich nicht. Meine Mitbewohnerin ist irgendwo im Haus auf Nahrungssuche. Möglicherweise hilft sie uns noch, wenn wir die Techniken üben.
Wenn Himoki wollte, konnte sie stundenlang vor sich hin plaudern und plappern, über alles und jeden, und dabei sogar noch eine telepathische Kommunikation aufrecht halten, in der es um die wirklich wichtigen Dinge ging. Nichts war verdächtiger als zwei Leute, die sich bloß anschwiegen.
Sie stemmte den Ellenbogen aufs Knie, die Hand unters Kinn, und schaute Yuzuru mit übertrieben grüblerischer Miene an. Hmmm, aber was stellen wir nun an, hm? Was möchtest du zuerst vertiefen? Schwertkampf? Rohe Gewalt ist auf jeden Fall Prüfungsthema. Oder wollen wir zeichnen, oder Shintenshin üben, oder Shinranshin vielleicht, oder wollen wir prüfen, wie gut du in der Telepathie bist? - Ich glaub, das tun wir sowieso, da lass ich dir gar keine Wahl ... sag ruhig was, ich hör zu, auch wenn ich rede, das ist okay, unterbrich mich einfach, wenn dir was einfällt, denn bis dahin werd ich quatschen und quatschen, aber wehe, du schläfst ein, das ist schonmal passiert, und es gibt wirklich keine größere Beleidigung für eine Dame, wenn man einpennt, während sie einem was vom Pferd erzählt ...

"Eine Mitbewohnerin? Ich hoffe ich störe dann nicht zu sehr mit meiner Anwesenheit."
Eh? Unfug, versetzte Himoki vergnügt. Du bist Gast, Gäste stören nicht. Im Gegenteil, Gäste kriegen Tee serviert. Sie richtete sich für einen Moment halb auf, um zum Zimmer hinaus zu rufen: Inoha! Stichwort Tee!
Von mindestens zwei Zimmern weiter her kam ein Ja ja jaaa zurück.
Himoki ließ sich wieder in eine gemütlichere Haltung sinken. Inoha ist eine meiner Eingeweihten, erklärte sie Yuzuru mit gesenkter Stimme. Sie weiß, in welcher Einheit ich diene. Deine Mitgliedschaft dort ist ihr natürlich unbekannt, und so wollen wir es weiter halten.
Es waren nicht ausschließlich ANBU, die wußten, wer ein ANBU war. Auch Familienmitglieder und dergleichen konnten, je nach Umständen, ins Vertrauen gezogen werden. Natürlich erfasste die Einheit solche Mitwisser und hielt ein Auge auf sie.

Himoki ließ sich nun erklären, was Yuzuru bereits beherrschte. Sie stieß einen Pfiff aus, als er aufführte, dass er durch sein Doujutsu Kekkai und selbst die Yamanaka-Techniken einsetzen konnte. Wuh, machte sie, heißt das, ohne Fingerzeichen? Du brauchst keinen Bilderrahmen mit deinen Fingern machen, um in einen Körper zu fahren? Sie nickte bedächtig. Wiiild ...
Kenjutsu war sein anderes, starkes Thema, während Zeichnen so gar nicht sein Fall war.
"Ach...wem mach ich was vor...ich will alles lernen und üben. Es gibt Gründe wieso ich so stark werden muss wie irgendwie möglich."
Hmhmm, gab Himoki zurück. Die Worte eines wahren, jungen Aufsteigers. Dem wollen wir doch gern unter die Arme greifen. Sie deutete auf das Schwert, das seinen Platz neben dem Jüngeren hatte. Ein Training, das mir immer gefällt, ist das zeitgleiche Training von etwas, was man bereits beherrscht, und etwas, was man eben noch nicht beherrscht. Nun will ich dir nicht aufzwingen, mit Schwert in der einen und Pinsel in der anderen Hand zu kämpfen - noch nicht - aber unsere Clantechniken bieten sich da an.

Etwas später tauchte Inoha auf, mit einem Tablett, auf dem zwei Tassen und eine Kanne saßen, zusammen mit einem Pöttchen Zucker und einem Glaskännchen Milch. Sie kam durch die Tür, ließ sich in vollendeter Eleganz auf die Kniee nieder und rutschte über den Boden, bis das Tablett neben der Feuerstelle anlangte. Bitte schön, Himoki-hime, säuselte sie dabei mit voller Theatralik, als bediene sie eine leibhaftige Daimyou-Tochter.
Ey, gab Himoki zur Antwort, ich dachte, du bringst uns die Schalen und all das für eine nette, entspannende Teezeremonie! Nicht einfach so!
Eh, Unfug. Inoha schmiss das dienerische Verhalten von sich, hoppste auf die Füße und nickte Yuzuru zu. Wie sie Unfug gesagt hatte, klang es ganz so, wie es zuvor auch von Himoki schon gekommen war. Und man brauchte keine Sharingan, um die starke Ähnlichkeit zwischen beiden zu sehen. Wenn ihr Kekse wollt oder so, müsst nur schreien! Ciao! Damit verließ sie das Zimmer so beschwingt, dass es nicht mehr weit vom Hüpfen entfernt war.
Himoki angelte die Kanne und goss ein. Magst du Teezeremonien, Yuzuru-kun? - Und wo wir schon dabei sind, was ist denn das höchste Ziel aller Ziele für dich, für das du so dringend stärker werden willst?

Er hatte es also geschafft, die Yamanaka-Techniken mit seinen Sharingan zu kombinieren, und nannte es ein zweischneidiges Schwert. Ein mächtiges Schwert nichtsdestotrotz, befand Himoki gleichmütig. Du bist mächtig, das kannst du ruhig als Kompliment nehmen. Wahrscheinlich wirst du damit der stärkste Yamanaka sein, den es gibt, und du trägst nichtmals unseren Namen. Diejenigen, die deine Ausbildung nicht befürworten, haben dies vermutlich längst vorausgesehen. Himoki lächelte wohlwollend, ehe sie fortfuhr: Aaaber keine Sorge, mir persönlich macht das wenig. Ich sehe einen starken Kameraden in der Mache, und da gebe ich gern meinen Senf dazu.
Himoki setzte sich etwas aufrechter hin, wählte eine tiefere Stimme und gab sich damit überdramatisch wie ein alter Weiser, als sie noch hinzufügte: Einen Setzling zu hegen, obwohl man weiß, dass man nie im Schatten des Baumes sitzen wird, das ist ein Beitrag an kommende Generationen.
Und dann, um all dem Pathos wieder die Luft heraus zu lassen, streckte sie Yuzuru die Zunge raus.

Dann kam der Tee, und Yuzuru fiel etwas an Himokis Mitbewohnerin auf. "Ehm ich will nicht neugierig sein Senpai...aber war das Eure Schwester?"
Himoki war gerade mit dem Einschenken beschäftigt. Sie schaute auf, die Augen groß, ihr Gesicht ein einziges Fragezeichen. Wie kommst du darauf?, entfuhr es ihr, und so ehrlich klang diese Frage, dass man ihr eigentlich einen Preis für Schauspielerei verleihen sollte, gleich hier, auf der Stelle. Sie hielt die Fassade genau drei Sekunden lang aufrecht. Scherz. Sie reichte ihm seinen Tee. Ich weiß schon, warum ... aber nein, wir sind keine Schwestern. Zugegeben aber, vielleicht Halbschwestern. Sie lächelte weiterhin, doch ihr Tonfall sagte an, dass sie diesmal immerhin nicht scherzte oder ihn aufziehen wollte. Es fehlte eindeutig die Prise von Dramatik. Ein Umstand, den mein Vater gewiss näher erklären könnte, doch ach ... wir Yamanaka sind zwar Meister der Kommunikation, doch mit den Bewohnern der nächsten Welt, mit denen können auch wir nicht reden, nicht wahr? Sie zwinkerte ihm zu. Natürlich könnten wir es auch einfach testen lassen, aber hm ... manche Schächtelchen kann man auch ungeöffnet lassen.
Wer so oft mit Spionage zu tun hatte, lernte ab einem gewissen Punkt auch, dass nicht jeder Stein umgedreht werden musste.

Yuzuru hatte selbst ein Thema mit seiner Familie. Seine Cousine wollte er finden. Natürlich klingelte bei Himoki etwas. Sie nickte. Verstehe. Ja, da bist du bei uns natürlich ganz richtig. Die Suche nach der Cousine - Ayu - war inzwischen leider ein recht kalter Fall geworden. Das Mädchen war in der Welt verschwunden wie eine Stecknadel im Heuhaufen, und auch wenn die ANBU alle Räder in Bewegung gesetzt hatte, um die junge Uchiha zu finden, hatte sich alles Buddeln bisher als ungenügend erwiesen.
"Ansonsten...will ich stark genug sein jene zu beschützen die ich liebe... was sicherlich so eine Standardantwort jedes Zweiten ist. Aber ich will verhindern nochmal..-"
Er verfiel in Schweigen. Himoki hatte gerade einen Schluck Tee getrunken, und als sie ebenfalls aufblickte, begegnete sie Yuzurus Blick mit gleicher Vewunderung. Nochmal? Sie hob hilfsbereit die Teekanne. Nochmal Tee?
Sie hatte sein Stocken definitiv bemerkt, war aber bereit, es zu überspielen, falls er sich gerade ungewollt zu weit vorgewagt hatte. Vielleicht war es ihm peinlich, und er wollte lieber zurückrudern. Falls er das wollte, gab Himoki ihm nun die Möglichkeit.

Ein Gespräch einfach plätschern zu lassen, war für die junge Yamanaka eine ihrer leichtesten Übungen. Wenn man einen Good Cop für ein Verhör brauchte, schubste man schlicht Himoki in den Raum. Das hellte selbst eine stockdunkle Folterkammer auf. Dabei musste sie nichtmals pausenlos plappern, obwohl sie diese Spule auch aufziehen konnte. Ihre Art war da schon etwas vielfältiger, nicht nur mit großer Klappe gesegnet, sondern auch mit geradezu mütterlichem Einfühlungsvermögen. Soll heißen, sie quasselte nicht jedem eine Beule ans Ohr, sondern erahnte auch, wann es Zeit zum Zuhören war. So wie jetzt. Als Yuzuru über einen ominösen Vorfall zu sprechen begann. Nun, diesen Weg hatte er selbst eingeschlagen, und so ließ Himoki ihn dort wandeln.
"Aber da könnt ihr mir glaube auch nicht so sehr weiterhelfen Senpai. Das ist eine Sache die ich selbst irgendwann herausfinden muss. Amnesie hat wohl seine eigenen Regeln."
Himoki ließ ihn noch ausreden, über das Dienen des Landes und das Beschützen von Menschen. Dann nahm sie einen tiefen Zug aus ihrer Tasse. Theoretisch könnte ich bei deiner Amnesie nachhelfen, erwiderte sie gemächlich. Oder jeder andere Yamanaka, der sein Handwerk gut genug versteht. Doch es gibt natürlich einen Grund, warum man nicht härter nachgeforscht hat. Sie blickte nicht zu dem Jüngeren, sondern ins Innere ihrer Tasse, sei gerade im Teesatz etwas Spannendes zu lesen. Amnesie ist ein Schutzmechanismus von Körper und Unterbewusstsein, zum Wohle deines Selbst. Was auch immer du gesehen oder erlebt hast, es muss etwas sein, was dein Unterbewusstsein als zu gefährlich einstufte. Und eine Mauer in deinem Geist hochgezogen hat. Solche Mauern könnte man brechen. Doch das tut man nicht. Was dann mit einem Male daraus hervor tritt, könnte ... zuviel sein. Dann hob sich der Blick der Bernsteinaugen doch, vom Tassenboden weg hin zu Yuzuru. Der Geist ist sein eigenes Schlachtfeld, Yuzuru-kun. Wir Yamanaka sind Meister dieses Schlachtfeldes. Doch selbst der größte Schwertkämpfer steht nicht gern im Weg, wenn ein Damm zerbirst.
Sie stellte die Tasche mit leisem Klirren von Porzellan aufs Tablett zurück, setzte die Hände links und rechts von sich auf den Teppich ... und kam mit Schwung auf die Füße, erneut nichts als Heiterkeit in der Stimme. Ayopp! Genug davon, gehen wir uns bewegen!
Zeit für Leichte Kost. Zeit, sich zu schlagen.

Himoki tappte mit nackten Füßen durchs Haus, führte Yuzuru eine Treppe hinunter und in den Keller. Was er dort erblickte, war ein offenkundig gut genutzter und gepflegter Trainingsraum. Die Wände ächzte unter einer imposanten Sammlung von Waffen, wobei manche Klingen eindeutig eher zeremoniellem Zwecke dienten, so exzentrisch wirkten sie mit Klingen und Stangen, die sich teils wie Geweihe abspreizten und dergleichen. Durchbrochen wurde die martialische Ansicht hin und wieder von Leinwänden, die malerische Landschaften in Öl und Aquarell zeigten.
Ein ziemlicher Schatz, von dem an nur annehmen konnte, dass Himoki und ihre Halbschwester/Mitbewohnerin ihn niemals selbst angesammelt haben konnten, sondern eher geerbt haben mussten.
Himoki hielt auf eine Wand zu, an der Waffen hingen, die eindeutig mehr dem Training dienten, weniger der Zierde. Diese Schwerter bestanden aus Bambus oder Hartholz, und es waren verschiedene Formen vertreten. Die Yamanaka nahm sich selbst ein Übungskatana von einem Haken, ehe sie Yuzuru anwies, sich eine Waffe zu nehmen.
Wenn du magst, nimm dir, sagte sie. Deine Wunschwaffe haben wir auch. Falls du darauf bestehst, dein eigenes Schwert zu nutzen, werde ich aber auch dabei mitgehen. Sie war schließlich ANBU. Gewiss mochten manche Leute ihre Art als Übermut interpretieren, doch in diesem Moment strahlte Himoki ein unerschütterliches Selbstvertrauen aus. Mit Schwertern, damit konnte sie umgehen.